Halbwissen und Irrtümer, die verbreitet werden
Immer wieder stosse ich im Internet auf haarsträubende Aussagen in Bezug auf Futter, deren Fertigung, usw. Daher ist es an der Zeit, mit diesen Dingen aufzuräumen und alles ein wenig zurecht zu
rücken.
Fertigfutter ist "denaturiert"
Protein hat eine gewisse räumliche Struktur. Diese Struktur kann physikalisch oder chemisch verändert, also denaturiert werden.
Wird Sahne geschlagen wird sie denaturiert.
Wird Fleisch gewolft, wird es denaturiert.
Wird Fleisch gekocht, wird es denaturiert.
Gelangt Fleisch in den Magen, wird es durch die Magensäure denaturiert.
Bei der Produktion von Fertigfutter wird also nur die räumliche Struktur des Eiweisses verändert. Die Primärstruktur des Proteins, und da sind auch die Aminsäuren, wird nicht verändert.
Nahrungsproteine können von Enzymen nur dann aufgespaltet werden, wenn sie vorher denaturiert wurden!
Es wird also spätestens im Magensaft jedes Protein denaturiert.
Auch die in frischen Lebensmitteln enthaltenen Enzyme spielen keine Rolle, denn der Körper produziert seine eigenen. Die in Nahrung enthaltenen Enzyme werden wie jedes andere Protein in Aminosäuren aufgespalten. Auch der eventuele Verlust von Nährstoffendurch Erhitzen spielt keine nennenswerte Rolle, interessant aber ist dass gekochte Karotten sogar mehr Antioxidantien liefern als rohe. Selbst gekochte Tomaten enthalten mehr Lycopene als rohe Tomaten.
Überhaupt erst durch das Erhitzen der Nahrung entwickelte sich der Mensch zu dem, was er heute ist, denn das Kochen erschloss wichtige Kohlenhydratquellen für den Menschen. Mais enthält viel Niacin und Lysin, das aber in der rohen Form unbrauchbar ist.Durch Erhitzen werden viele Nährstoffe erst zugänglich für den Stoffwechsel.
Extrudiertes Futter
Nicht nur Hundefutter, auch Nudeln, Knusperbrot, Frühstücksflocken, Kaubonbons und andere Lebensmittel für den Menschen werden extrudiert.
Verdaulichkeit
Behauptung: Fertigfutter/ Trockenfutter ist schwer verdaulich. FALSCH!
Die Verwertbarkeit der Nährstoffe liege nur bei 30-40%.
In einer Studie (http://jn.nutrition.org/content/134/8/2141S.full) hat man die Verdaulichkeit/ Verwertbarkeit der Nährstoffe verschiedener Trockenfutter in verschiedenen Qualitäten überprüft. Geprüft wurde die Verdaulichkeit der Trockenmasse für Protein, Aminosäuren, Fett, Stärke und Kohlenhydrate. Zusätzlich auch Faser, Kalzium, Phosphor und Magnesium.
Die Verdaulichkeit von Rohprotein lag bei hochwertigem Trockenfutter bei 72,7 - 79,7 %, bei Billigprodukten bei 73,9 - 80,4 %. Das Rohfett hat eine Verdaulichkeit von 76,4 - 95,9 % in teurem Futter, bei 83,9 - 91,7 % bei billigerem Futter. Die Verdaulichkeit der Kohlenhydrate lag im hochpreisigen Segment bei 65- 77,1 % bei niedrigem Preis bei 71,9 - 81,7 %, die Stärkeverdaulichkeit lag jeweils bei 82,1-97,9 % und 90,8-96,3%.
Damit ist die Verdaulichkeit von extrudiertem Futter sehr gut!
Die Zutaten
Behauptung: Die pflanzlichen Bestandteile sind Abfallstoffe der
Industrie FALSCH
Gern wird auch behauptet, es würden Industrieabfälle zu Hundefutter verarbeitet. Dies ist- zumindest für die von mir betreuten Produkte, falsch. So findet Bananenmehl noch immer einen viel zu
geringen Einsatz in Deutschland, es muss also zwangsläufig selbst importiert werden. Sicherlich gibt es auch da unterschiedliche Qualitäten. Das verwendete Bananenmehl ist aber bester Qualität
und für die Produktion menschlicher Nahrungsmittel vorgesehen. Genau so verhält es sich mit den Tigernuts. Es werden nur beste Rohstoffe direkt eingekauft. Rübenschnitzel sind kein Abfallprodukt
der Zuckerindustrie, denn das, was dann verwendet wird, ist die entzuckerte Faser. Hunde bauchen Fasern. Fasern werden unterschiedlich klassifiziert, zum Beispiel in löslich und unlöslich, beide
nehmen wertvolle Aufgaben im Verdauungstrakt dar. Zu wenig Faser im Futter senkt die Darmaktivität und somit die Menge der aufgenommenen Nährstoffe, der Hund bekäme Durchfall. Ich bin also froh,
zuckerfreie Faser verwenden zu können. Anders ist es mit Cellulose, einer anderen Faser, die kaum Vorteile bringt ausser den Magen zu füllen. Diese werden in Diätfuttern als
Magenfüller eingesetzt, sind dann aber auch entsprechend deklariert. Sollten hydrolisierte Bestandteile in der Deklaration benannt werden, dann sollte man neugieriger sein.
Ich selbst lehne hydrolisierte Bestandteile ab.
Zusatzstoffe
Behauptung: In Trockenfutter ist Formaldehyd enthalten. FALSCH
Formaldehyd ist als Zusatzstoff verboten! Formaldehyd kommt aber natürlicherweise in Fleisch, Obst, Gemüsen, etc. vor. Das setzt keiner zu, das ist von Natur aus drin, besonders in Fisch kommt es
vor! Die mittlere tägliche Aufnahmemenge an FA mit der Nahrung wird
auf 1,5 - 14 mg/Tag geschätzt.
http://www.bfr.bund.de/cm/343/formaldehyd_gefaehrlicher_als_bisher_angenommen.pdf
Behauptung: In Fertigfutter ist Ethoxyquin
enthalten. FALSCH
In Europa ist dieser Stoff für Lebensmittel nicht zugelassen. Eine Zulassung für Futtermittel gibt es, für Hundefutter nur in Verbindung mit BHA/ BHT.Es kann also dem Hundefutter zugesetzt sein, allerdings nicht als Einzelstoff.
Anders sieht es aus mit dem Fischbestand der Ostsee, der mittlerweile stark belastet ist. Da Ostseefische zu Fischfutter produziert werden, haben die Fischzüchter mittlerweile mit diesem Problem zu kämpfen, insbesondere der Zuchtlachs wird genannt. E. wird bei der Produktion von Fischmehl eingesetzt und zwar schon direkt auf dem Schiff, auf dem der Fisch bearbeitet wird. Es sind auch Fischmehle ohne E. erhältlich.
E. wird durch Hitze abgebaut/ zerstört. Sollte also mit E. behandeltes Fischmehl verwendet werden, würde dies bei einem nachfolgenden Produktionsprozess weitesgehend eliminiert
werden.
Die Hersteller reagieren aber auf die Wünsche der Verbraucher und so werden heute schon in den meisten Fertigfuttern Antioxidantien wie Vitamin E und C , Tocopherole und botanische
Antioxidantien wie etwa Rosmarin verwendet.
Eigenschaften
Behauptung: Trockenfutter schädigt die
Magenbänder FALSCH
Trockenfutter quillt im Magen auf
und durch das vergrößerte Volumen werden die Magenbänder geschädigt.
Zunächst einmal gibt es Unterschiede bei Trockenfutter, je nach Herstellungsart nehmen diese unterschiedliche Mengen
an Wasser auf. Meist wird dieser Vergleich zur Barf- Ration gezogen. Für einen Irish Wolfhound benötige ich täglich 500 g eines hochwertigen Trockenfutter täglich. Eine entsprechende Barf- Ration
würde aus 1400g tierischen Quellen wie Fleisch, etc besten zusätzlich noch weiterer Mengen an pflanzlichen Nahrungskomponenten. Das Volumen der Barf- Ration übersteigt das Volumen bei weitem.
Hunde sind in der Lage, 7-8% ihres Körpergewichtes an Nahrung aufzunehmen.
Diese Behauptung ist also schon in sich widersprüchlich.
Behauptung: Trockenfutter enthält zu viel
Rohprotein
FALSCH
Das haben wir alle schon gelesen im Internet: Ewig lange Diskussionen in Foren über den Gehalt an Protein und es werden viele Futtermittel mit den deklarierten Proteinwerten aufgeführt. Gerade
auch in Bezug zur Rohfütterung finden solche Diskussionen statt.
Der Proteingehalt auf der Verpackung wird in Prozent (%) aufgelistet. Und zwar für das Fertigfutter mit seinem spezifischem Feuchtigkeitsgehalt. Will man die Rohfütterung mit der Fertigfütterung
vergleichen, MUSS man zunächst die Proteinwerte BEIDER Fütterungsarten in der Trockenmasse ermitteln. Man muss es sprichwörtlich auf einen Nenner bringen, um die Werte vergleichen zu können.
Dabei enthalten die Rohrationen meist deutlich mehr Protein als die Fertigfutterrationen.
Da Proteinwerte in Prozent / % aufgeführt werden, ist die Futtermenge sehr entscheidend. Man füttert ja keine Prozente, sondern Gramm! Erst dann kann man urteilen, ob ein Futter zu viel Protein
enthält oder zu wenig.
Behauptung: Pellets saugen die Flüssigkeit aus der Magensäure auf, dadurch wird diese wesentlich konzentrierter, dadurch wird der Speichel
saurer.
FALSCH
Die Zusammensetzung der Magensäure richtet sich nach dem zugeführten Nahrungsmittel. Je nach Anteil der Nahrung an Kohlenhydraten, Fett, Eiweiß etc werden die entsprechenden Säuren, die
diese Nahrungsbestandteile zerlegen sollen, freigesetzt. Interessant und auch logisch ist, dass die Magensäure gebarfter oder rohgefütterter Hunde deutlich saurer ist, das Rohfutter schwerer
verdaulich ist als Fertigfutter. Fehlt dann der ausgleichende Zusatz an weiteren Nährstoffen wie etwa Kalzium und Magnesium, oder werden diese in falschen Mengen gefüttert, machen sich Zeichen
der Übersäuerung bemerkbar, zum Beispiel das oft beschriebene Aufstossen des Hundes, auch hier sind es nahezu immer rohgefütterte Hunde, Und die Pellets trennen die Flüssigkeitsaufnahme auch
nicht nach Wasser oder Säure. Verdauungssäuren und Speichel stehen dabei nicht im Zusammenhang.
Mir persönlich widerstrebt es eigentlich schon, eine so unsinnige Aussage zu erörtern.
Für den Schutz der Magenwände vor der Magensäure sorgen übrigens die Epithelzellen.
Die Liste der Irrtümer wird fortgeführt ....